Liturgische Farben – die Altar- & Kanzelbehänge

Die verschiedenfarbigen Behänge am Altar, an der Kanzel und in manchen Kirchen auch am Lesepult heißen Paramente (griech.) oder Antependien (lat.). Häufig sind sie besonders bestickt. Das Spektrum reicht von figürlich über symbolisch bis hin zu abstrakt. Über die Gestaltung haben die jeweiligen Kirchgemeinden bei der Anschaffung oder Herstellung der Paramente Wünsche geäußert und sich für eine konkrete Umsetzung entschieden.

Grundlage für die jeweilige Verzierung ist jedoch die Farbe. Die liegt nicht am persönlichen Geschmack des Kirchenvorstands, sondern ist liturgisch (=den Gottesdienst betreffend) geregelt. Sie orientiert sich am Kirchenjahr. D.h. selbst wenn Sie zu Weihnachten mehrere verschiedene Kirchen besuchen, werden Sie überall weiße Behänge finden. Die verschiedenen Farben zeigen an, was gerade dran ist, und haben selber symbolische Bedeutung.

1. Lila – gibt’s hier Aue-Fans?

Die mag es in Auerbach durchaus geben und doch ist der Sinn der violetten Behänge in den Kirchen ein anderer.

Violett ist die Farbe für die Fasten- und Bußzeiten. Neben der bekannten Fastenzeit vor Ostern ist auch die Adventszeit ursprünglich eine Fastenzeit zur persönlichen Vorbereitung auf das große Fest. Der zeitweise Verzicht geschieht also in Vorfreude und bewusster Besinnung. Es ist eine Zeit des Wartens und der Vorbereitung auf das Kommende. Wir richten uns aus auf Jesus Christus, dessen Ankunft wir erwarten (Weihnachten) und dessen Auferstehung den Sieg des Lebens über den Tod bedeutet (Ostern).
Diese Ausrichtung und Neubesinnung auf Jesus Christus wird traditionell Buße genannt. Darum sind die violetten Behänge auch am Buß- und Bettag zu sehen.

Herz-Kreuz in St. Laurentius
Strahlenkrone in Rempesgrün

Und warum Violett?

Violett entsteht durch die Mischung von Rot und Blau, den Farben für Wärme und Kälte. Sie symbolisieren das Erleben von Gottesnähe und Gottesferne, von Vorfreude und Schmerz. Die Mischung erinnert daran, dass das Fest/Glück (noch) kein Dauerzustand ist, dass uns aber durch Jesus das Reich Gottes offen steht.

Alpha-Omega mit Doppelkrone in Beerheide

2. Weiße Ostern?

Warum sieht die Kirche Ostern so aus wie Weihnachten?

Alpha-Omega in St. Laurentius
Lamm mit Siegesfahne in Beerheide
Chi-Rho mit Alpha-Omega in Rempesgrün

Ostern und Weihnachten sind beides Christusfeste, die das Licht des Lebens bezeugen und dessen Sieg über Tod und Dunkelheit. Darum hängt in der Weihnachts- und in der Osterzeit Weiß. Doch auch an wenigen anderen Sonn- und Feiertagen sind die weißen Paramente mit der entsprechenden Symbolik im Einsatz, z.B. am Ewigkeitssonntag. Der lebenserneuernden Kraft durch Christi Mahlgemeinschaft wird am Gründonnerstag als Tag der Einsetzung des Abendmahls durch die weißen Behänge Ausdruck verliehen.

Ebenfalls werden diejenigen Gedenktage in Weiß begangen, die besonders auf Jesus Christus hinweisen, z.B. der Tag der Geburt Johannes des Täufers (24.6.) und alle evangelischen Heiligenfeste wie der Martinstag (11.11.) und der Nikolaustag (6.12.) sowie der Gedenktag für alle Heiligen (1.11.).

Als Ideenfest, das sich der göttlichen Strahlkraft Jesu verdankt, wird auch dem Trinitatisfest die Farbe Weiß zugeordnet.

Weiß symbolisiert also das Licht des Lebens, das uns in Jesus Christus leuchtet?

Genau. Zugleich steht Weiß auch noch für Reinheit. Wir glauben, dass wir durch Jesus Christus gereinigt sind, weil er uns unsere Schuld vergibt. Mit ihm können wir neu anfangen, eine neue Seite des Lebens entdecken.

Weiß steht darüber hinaus auch für die Kombination aller Farben: Weiß heißt also gerade nicht farblos, sondern vielmehr bunt. Im weißen Licht sind alle Spektralfarben des Regenbogens enthalten. Auch dafür stehen die weißen Behänge in den Kirchen: Gott ist alles in allem. In Jesus war er Mensch wie wir, nichts ist ihm fremd. Er kennt das gesamte Spektrum des Lebens: Von der Geburt (Weihnachten) bis zur Auferstehung (Ostern). Darum hat jeder Mensch mit der je eigenen Lebensgeschichte bei Gott, also auch in der Kirche Platz und ist willkommen. Eine weiße Weste ist dazu nicht nötig. Dafür bringen wir lieber alle unsere eigenen Farbtupfer mit ein. Dort, wo die Kirche ein bunter Haufen ist, strahlt die frohe Botschaft von Jesus Christus umso heller.

3. Rot

Wann hängen die roten Paramente?

Das zentrale Datum für die roten Behänge an Altar und Kanzel ist das erste Pfingstfest, als Gottes Geist die Nachfolger:innen Jesu erfüllte. Seither wird Pfingsten als Geburtstag der Kirche gefeiert. Gottes Geist belebt und begeistert die Kirche, er ist da und wirkt in ihr und durch sie. Daran erinnert sich die Christenheit zu jedem Pfingstfest aufs Neue und ebenso bei allen Festen der Kirche. Darunter sind Feste gefasst, bei denen der Heilige Geist eine besondere Rolle spielt. Das ist der Fall, wenn für einzelne Personen der Heilige Geist in besonderer Weise erbeten wird (Konfirmation, Ordination) oder die Wirkung des Heiligen Geistes für die Kirche besonders sichtbar wird (Gedenktag der Augsburgischen Konfession am 25.6., Reformationstag am 31.10., Gedenktag der Kirchweihe).

In unserer Gegend wenig verbreitet sind die Gedenktage der Apostel und Märtyrer, denen ebenfalls wegen ihres intensiven geistlichen Zeugnisses durch ihre Treue bis zum Tod die roten Paramente zugeordnet sind (z.B. Peter und Paul am 29.6., Stephanustag am 26.12.).

Was bedeutet Rot?

Die Farbe Rot ist eine Signalfarbe, die als Farbe des Blutes das Leben symbolisiert. Die Beachtung roter Warnschilder und Ampeln schützt das Leben. Der Liebe als absoluter Lebensweise wird die Farbe Rot zugeordnet. Rot steht auch für Wärme. Das gilt dann auch im übertragenen Sinn: Erhitzte Gemüter haben ein rotes Gesicht. Wut wird darum ebenfalls rot dargestellt. Es geht stets um lebendige, leidenschaftliche Intensität.

Die roten Behänge stehen also für intensive Begeisterung?

Inhaltlich kann man das durchaus so sagen, doch gibt es verschiedene Formen, um intensive Begeisterung zu äußern. Begeisterung kann, aber muss nicht immer laut und fröhlich sein. Begeisterung kann auch heißen, getröstet zu sein und geborgen in Gottes Liebe. Schließlich wird der Heilige Geist in der Bibel auch Tröster genannt. Letztlich geht es um die Kraft zum Leben, die Gottes Geist in uns wirkt.

St. Laurentius
Anker-Kreuz
Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt…

4. Grün wie die Hoffnung

Welche Farbe ist denn in der Kirche am häufigsten zu sehen?

Grün. Die grünen Altar- und Kanzelbehänge (griech. Paramente, lat. Antependien) hängen den ganzen Sommer über, genauer: in der Trinitatiszeit. Diese Zeit beginnt 1 Woche nach dem Trinitatisfest, an dem wir immer unser Gemeindefest feiern, und dauert bis 1 Monat vor dem Ende des Kirchenjahres. 24 Wochen lang kann diese grüne Zeit im Sommer dauern. Auch nach der Weihnachts- und vor der Passionszeit sind noch bis zu 5 Wochen in Grün möglich.

Gleichnis vom vierfachen Acker in Beerheide und Rempesgrün

Welche Farbe ist denn in der Kirche am häufigsten zu sehen?

Grün. Die grünen Altar- und Kanzelbehänge (griech. Paramente, lat. Antependien) hängen den ganzen Sommer über, genauer: in der Trinitatiszeit. Diese Zeit beginnt 1 Woche nach dem Trinitatisfest, an dem wir immer unser Gemeindefest feiern, und dauert bis 1 Monat vor dem Ende des Kirchenjahres. 24 Wochen lang kann diese grüne Zeit im Sommer dauern. Auch nach der Weihnachts- und vor der Passionszeit sind noch bis zu 5 Wochen in Grün möglich.

Erntedankfest mit Brot und Wein

Grün erinnert mich immer an die Natur…

… genau! Die grüne Farbe steht für die Zeit des Wachstums, eine Zeit der Reifung bis zur Ernte. Darum ist auch dem Erntedankfest die Farbe Grün zugeordnet. Oft sind die Behänge mit Ernte- oder Naturmotiven bestickt. Grün symbolisiert die Fülle des Lebens. Das Wachstum des Sommers lässt sich sinnbildlich als eine Zeit des Glaubenswachstums erfahren. In den Predigttexten dieser Zeit geht es um das christliche Leben, das reift – bis zur Ernte. Am Ende des Kirchenjahres geht es ja dann um das ewige Leben.

Warum gibt es 2 grüne Zeiten im Kirchenjahr?

In der Fachliteratur spricht man von der „ungeprägten Zeit“, Wochen zwischen den Festzeiten, Normalzeit sozusagen. Das erklärt auch die grüne Dauer. So wie es im menschlichen Leben viel Normalzeit gibt. Ohne diese ungeprägte Zeit gäbe es gar keine feierlichen Höhepunkte. Zudem ist Grün die Farbe der Hoffnung. Demnach sollte die Hoffnung der Normalfall sein, der Grundzug unseres Lebens! Es gibt geprägte Zeiten im Leben – Zeiten der Freude und des Genusses (vgl. Festzeit im Kirchenjahr → Weiß, Rot) ebenso wie Zeiten des Wartens, der Trauer und des Verlustes (→ Violett). Doch diese Zeiten sollten gerahmt und getragen sein von der Hoffnung auf (neues) Leben.