
Friedensandacht am 8. Mai
8. Mai 2025
Mit großer Dankbarkeit haben wir 80 Jahre Frieden in Deutschland gefeiert.
Unser Dank galt Gott und den Menschen, die im Kleinen und Großen dazu beigetragen haben.
Der Frieden ist ein Geschenk und verlangt trotzdem unsere Verantwortung, ihn zu bewahren und für ihn einzustehen.
Grußwort des Oberbürgermeisters Jens Scharff:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben uns heute in dieser ehrwürdigen St. Laurentiuskirche versammelt, um gemeinsam an das Ende des Zweiten Weltkrieges – vor 80 Jahren – zu erinnern; an einen Krieg, der unermessliches Leid über Europa und die Welt brachte, und der Millionen Menschen das Leben kostete.
Auch unsere Stadt Auerbach blieb von den Folgen dieses Krieges nicht verschont. Viele Familien verloren ihre Angehörigen, viele Menschen mussten unsagbares Leid erfahren. Zwar blieb unsere Stadt von großflächiger Zerstörung verschont, doch die Kämpfe im Frühjahr 1945 – zwischen der deutschen Wehrmacht und den vorrückenden amerikanischen Truppen – forderten ihren Tribut: an Menschenleben, an Hab und Gut, an Seelenfrieden.
Wir erinnern heute an den Tag der Befreiung – und wir gedenken der Opfer. Dieses Gedenken ist nicht nur Pflicht, es ist uns ein tiefes Bedürfnis. „Nie wieder Krieg!“ Diese Mahnung bleibt aktuell. Frieden ist keine Selbstverständlichkeit. Er muss gewollt, gepflegt und immer wieder neu erarbeitet werden – durch Verständigung, durch Versöhnung, durch Dialog. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden viele Menschen – vor allem Vertriebene aus dem heutigen Polen, Ungarn und Tschechien sowie Flüchtlinge aus anderen Teilen Europas – Zuflucht im zerstörten Deutschland.
Diese Erfahrung prägt unser Land bis heute – und findet in der aktuellen Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine eine schmerzliche, aber wichtige Parallele. Sie leben unter uns – als Nachbarn, Kollegen und Freunde, bereichern unser Zusammenleben – und sie erinnern uns daran, wie wertvoll der Frieden ist, den wir hier in Deutschland genießen dürfen. Gerade deshalb müssen wir uns immer wieder klar und entschieden für die Werte einsetzen, auf denen unser Gemeinwesen gründet: Demokratie, Freiheit und Toleranz.
Als Oberbürgermeister verspreche ich, weiterhin alle Initiativen zu unterstützen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken & ein friedliches Miteinander fördern – über Herkunft, Religion oder politische Überzeugung hinweg. Lassen Sie uns heute nicht nur gemeinsam gedenken.
Lassen Sie uns gemeinsam ein Zeichen setzen: für den Frieden, für die Menschlichkeit und für eine Zukunft, in der unsere Kinder ohne Angst leben können.
Andacht von Pfrn. Dr. Nikola Schmutzler:
Römerbrief Kapitel 12 i.A. (BB): „Passt euch nicht dieser Zeit an. Gebraucht vielmehr euren Verstand in einer neuen Weise und lasst euch dadurch verwandeln. Dann könnt ihr beurteilen, was dem Willen Gottes entspricht: Was gut ist, was Gott gefällt und was vollkommen ist.
Die Eure Liebe soll aufrichtig sein. Verabscheut das Böse und haltet am Guten fest.
Liebt einander von Herzen als Brüder und Schwestern.
Übertrefft euch gegenseitig an Wertschätzung. Lasst nicht nach in eurem Eifer. Lasst euch vom Geist anstecken und dient dem Herrn.
Freut euch, dass ihr Hoffnung habt. Bleibt standhaft, wenn ihr leiden müsst. Hört nicht auf zu beten.
Helft den Heiligen, wenn sie in Not sind. Seid jederzeit gastfreundlich.
Segnet die Menschen, die euch verfolgen. Segnet sie und verflucht sie nicht.
Freut euch mit den Fröhlichen. Weint mit den Weinenden. Seid alle miteinander auf Einigkeit aus.
Werdet nicht überheblich, sondern lasst euch auf die Unbedeutenden ein. Baut nicht auf eure eigene Klugheit.
Vergeltet Böses nicht mit Bösem. Habt anderen Menschen gegenüber nur Gutes im Sinn.
Lebt mit allen Menschen in Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt. Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“
Als am 8. Mai 1945 der II. WK mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht ein Ende fand, gab es keine Sieger. 65 Mio. Menschen hatten ihr Leben verloren. Städte waren bis auf die Grundmauern zerstört worden, denken Sie an Plauen oder Dresden. Millionen Menschen hatten ihre Wohnung, ihr Haus oder sogar ihre Heimat verloren. Nicht nur in Deutschland.
Als am 8. Mai 1945 der II. WK ein Ende fand, gab es keine Sieger. Tief hatte sich diese Erkenntnis in das Bewußtsein der Menschen eingegraben. „Nie wieder Krieg!“ Dieser Ruf erschallte im Osten wie im Westen, im Norden ebenso wie im Süden. Endlich, endlich Frieden. Und wir danken Gott, ebenso wie die Menschen vor 80 Jahren, dass wir seither im Frieden leben dürfen.
„Nie wieder Krieg!“ das war die hoffnungsvolle Botschaft, doch schnell, zu schnell war das Vergessen. Aus dem Ruf: „Nie wieder Krieg!“ wurde schnell die Parole „Der Frieden muss bewaffnet sein!“ Aus dem heißen Krieg wurde ein kalter Krieg. Und doch – Gott sei Dank – fielen die bis an die Zähne bewaffneten Kontrahenten aus Ost und West nicht übereinander her.
Im Herbst 1989 dann überwand der Friedenswille der Bevölkerung eindrücklich die militärische Überlegenheit der Staatsmacht. Ausgangspunkt waren die Friedensgebete in den Kirchen: „Keine Gewalt!“ So hatte Jesus es vorgelebt. „Keine Gewalt.“ Und tatsächlich, das Wunder geschah. Ein wirkliches Wunder, es gelang eine friedliche Revolution, weil Menschen auf Gewalt verzichteten, trotz Angst und Ohnmacht, trotz der Gefahr, in der man schwebte. Man hat das ausgehalten, man hat den Frieden ausgehalten, so wie es im Römerbrief heißt: „Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“
Wenn wir das hören, dann merken wir, der Frieden, der beginnt nicht etwa bei Politikern oder bei Befehlshabern oder bei Rebellenführern und Terroristen, der Frieden beginnt bei uns, der Frieden beginnt bei mir. Jesus hat das vorgelebt. Jesus war bereit, auf Gewalt zu verzichten, als er verhaftet wurde im Garten Gethsemane, er war bereit, auf Gewalt zu verzichten, als er fälschlich angeklagt wurde, gefoltert und verspottet wurde, er war bereit auf Gewalt zu verzichten und ist am Kreuz gestorben, um der ganzen Welt Gottes Angebot des Friedens zu bringen.
Wir müssen bereit sein für den Frieden. Aber das fällt uns oft schwer. Dabei klingen die Grundregeln für den Frieden so einfach.
Wir müssen 1. aushalten, dass andere anders sind als wir.
Dann müssen wir 2. darauf verzichten, Gott zu spielen und so zu tun, als ob wir genau wüssten, wie man vollständige Gerechtigkeit schaffen kann.
Und 3. müssen wir bereit sein, anderen Menschen zu helfen, egal ob wir sie leiden können oder nicht.
Drei einfache Regeln und doch sind sie so schwer einzuhalten. Es fällt uns schwer, da nehme ich mich nicht aus, andere anders sein zu lassen, anders als ich denke, dass es richtig wäre. Es fällt uns schwer unser Empfinden von Recht und Gerechtigkeit nicht absolut zusetzen und uns beleidigt fühlen, wenn dem nicht entsprochen wird. Und es fällt uns schwer unsere Hilfe nicht nach Sympathien zu verteilen.
Aber doch: Lebt mit allen Menschen in Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt.
Jesus hat es uns vorgemacht, der Preis, den er bezahlt hat war sehr hoch. Jesus hat sich davon nicht abschrecken lassen.
Einer muss mit dem Frieden halten anfangen, denn wenn jeder das weiterschiebt, soll doch erstmal der…
Oder wenn wir erst vorbringen, aber der hat dieses…, die hat jenes… und uns dahinter verstecken und uns aus unserer Verantwortung stehlen, dann hat der Frieden nie eine Chance. Schauen wir nicht auf die anderen, denen das Frieden halten genauso schwer fällt wie uns, schauen wir auf Jesus Christus, verlassen wir uns auf den Frieden, den er uns zugesagt hat. Bitten wir ihn, dass er uns seinen Frieden ins Herz gibt.
Wenn wir uns heute in der Welt umsehen, dann scheint es immer schwerer zu werden für den Frieden. Imperialistisches Machtgehabe der alten Großmächte, salonfähig gewordene Nazigedanken in deutschen Parlamenten und auf den Straßen, laute Forderungen nach einem „kriegstüchtigen“ Deutschland, Risse, die sich quer durch die Gesellschaft ziehen.
80 Jahre nach dem Ende des WK II ist unsere Erde kein friedlicher Ort mehr. So viele Orte, an denen kein Friede ist. Aber auch da sind wir in der Verantwortung, wir sind gefragt. Unser Gebet für den Frieden wird gebraucht, unsere Bereitschaft zu helfen, unsere Ideen, die über militärische Hilfe hinausgehen, Ideen zum Frieden.
Seit 80 Jahren haben wir in Deutschland Frieden, das ist ein Grund Gott zu danken, ihn zu loben und nicht müde zu werden, ihm mit unserem Gebet in den Ohren zu liegen, das den Frieden erbittet für alle Orte auf dieser Welt.
Und wir selbst müssen bereit sein für den Frieden. Neue Wege des Miteinanders suchen, so wie es im Bibeltext steht.
So geht Frieden – auch 2025, mit Gottes Segen.
Amen
Gebet: Gott, du bist ein Gott des Lebens und du willst,
dass wir Menschen in deiner Schöpfung das Leben in Fülle haben.
Wir kommen voller Ängste zu dir, ratlos und ohnmächtig
angesichts der Gewalt um uns und in uns.
Wandle uns in der Tiefe unseres Herzens zu Menschen,
durch die dein Friede in unsere Welt getragen wird.
Segne mit deinem Geist alle Menschen,
die mit uns auf dem Weg sind zu deinem Reich des Friedens.
Sende deinen Geist auch in die Herzen derer, die gefangen sind im Netz der Gewalt.
Gib Friedenswillen in die Herzen der Kriegstreiber an allen Orten auf der Welt.
Sei Du der Trost der Kriegsopfer, stehe Du den Flüchtlingen bei,
Das bitten wir durch Jesus Christus, der uns vorgelebt hat,
wie wir Gewalt überwinden und Frieden schaffen können.
Amen
